weihnachtsgeschichte
Der Weihnachtsmann sah schlecht aus. Mager war er, sein löchriger Bart wehte im warmen Großstadtwind vor seiner eingefallenen Brust müde hin und her. Ich erkannte ihn erst spät. Ich saß im Auto, im Radio spielte "Stop" von Sam Brown. "You'd better stop befo-o-ore you go and break my heart..." sang ich gerade mit und entdeckte ihn plötzlich im rechten Augenwinkeln zwischen zwei Baustellenzäunen langsam auf die Straße zuschlurfen. Stop!- Er blieb stehen, ich auch - trat erschrocken auf die Bremse - Zebrastreifen und rote Ampel (gibts sowas überhaupt?) scheiße- hatte ich nicht gesehen. Der Weihnachtsmann drehte sich in meine Richtung um. Er sah wirklich schlecht aus. Der blaue Parka schlotterte bis zu dem schwarzglänzenden Jeansknien. Okay, noch 6 Tage noch bis zu seinem Job, aber der mußte ganz schön Schindluder getrieben haben in den letzten Jahren. Vielleicht schon mal den Rollstuhl bestellen, dachte ich, Schlitten fahren wird wohl dies Jahr nix...Kindheitsträume - was soll's, Weihnachtsmann im Rollstuhl auf aufgeweichter regennasser Straße statt mit Schellengeläut auf verschneiten Waldwegen. Sein Parka war nun auf, nur der verrostete Reißverschluß klemmte noch. Sam Brown litt im Radio und mir knallte das rote Licht der Ampel entgegen. Mit hochgezogenen Schultern und gesenktem Kopf stand der Weihnachtsmann im Rotlicht direkt vor meinem Auto. Dann und wann wehte der warme Großstadtwind den lausigen Bart zur Seite und offenbahrte einen kleinen, braunen Penis, den die vergichteten Finger des Weihnachtsmanns langsam und mühevoll zwischen dem verrosteten Reißverschlüssen irrwitzig zucken ließen. Die Ampel sprang auf grün.


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